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Copyright Detlev Bölter

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Rema 1


Hersteller: Braunschweiger Rechenmaschinenfabrik Rema G.m.b.H.
Baujahr: ca. 1917
Seriennummer: 4609
Funktion: Vierspezies-Sprossenradmaschine im Miniaturformat, 9x8x13, ohne Zehnerübertrag im Umdrehungszählwerk, ohne Einstellsperre. Auf Holzplatte montiert, mit Holzdeckel, Originalschlüssel.
Beschreibung: Über die "Braunschweiger Rechenmaschinenfabrik G.M.B.H." ist geschichtlich sehr wenig bekannt. Wir müssen berücksichtigen, dass das Bestehen der Firma in die Kriegs- und Inflationswirren fällt. Der Name taucht eigentlich erst anläßlich der Übernahme der Firma durch Grimme, Natalis und Co. AG im Jahre 1922 auf. Bis dahin wurden - ab 1915 - etwa 5000 "Rema" hergestellt, nachträglich als "Rema I" klassifiziert.
Unter neuer Firmenleitung wurde 1923/24 die Produktion der "I" eingestellt, es erschienen von 1924 - 1927 die Modelle Rema "II" (3700 Stück) und "III" (4000 Stück), die aber auch unter der Bezeichnung "M II" und "M III", also als Brunsviga-Modelle, auftauchen. 1927 wurde Produktion der Miniaturmaschinen ganz eingestellt, sowohl die Original-"M" von GNC als auch die weiterentwickelten Modelle "II" und "III".

Die Maschine trägt noch den ursprünglichen Schmetterlingsflügel für den Schlittentransport, der an die Triumphator C erinnert. Die Einstellsperre fehlt noch, die Einstell-Löschung erfolgt ähnlich den Odhner-Maschinen durch einen innen liegenden Löschkamm, beides wurde bei den späteren "Rema" verbessert. Die Drehrichtungssperre wird durch einen Knopf (linke Außenseite, oben) deaktiviert.
Zu den rema-eigenen Patenten gehört die Trommellagerung in seitlich herausragenden Buchsen (DE285006). Das Ziel war eine Serviceerleichterung: die Trommelwelle von außen her seitlich justierbar oder sogar herausnehmbar zu gestalten. In meiner "Rema" wurde dies jedoch nur optisch umgesetzt; die Lagerung ist nicht verstellbar. Entweder erwies sich die Fertigung als ausreichend präzise, oder die Funktion war nicht praxistauglich. Jedenfalls sollten es laut Patentschrift keine "Fettbuchsen" sein, wie bei Reese oder Martin zitiert wird.
Auch für die schlittengesteuerte Sicherungssperre ließ man sich eine eigene Lösung einfallen (Patent DE292880). Hinzu kommt eine interessante Funktion, die ich erst bei der Nachkriegs-Triumphator wiederfand: Während der Kurbellöschung werden die Federn der Ziffernradsperren entspannt, was die Löschung leichtgängiger und materialschonender macht.
Die bei einigen zeitgenössischen Maschinen noch üblichen Flügellöschschrauben waren bereits durch Kurbeln ersetzt - auch hier wurde nicht gespart, sie bestehen aus vernickeltem Messing. Die Sprossenräder und auch die Einstellringe sind aufwändig und teuer aus Bronze gefertigt, zudem mit äußerster Präzision - ein weiteres Beispiel für den technisch hohen Anspruch. Vielleicht war die teure und kompromißlos perfekte Fertigung einer der Gründe, weshalb die Firma in Zahlungsschwierigkeiten geriet und von GNC aufgekauft werden konnte.

Die Maschine war, als sie zu mir kam, etwas halbherzig überholt: Holzkasten und der Korpus der Maschine waren gereinigt, es war äußerlich kein Rost mehr zu sehen. Meinem Vorbesitzer war es jedoch zu aufwendig, die Technik zu reinigen, und so bekam die gesamte Maschine lediglich eine Öldusche (siehe Fotos unten). Gut gemeint, aber geölter Schmutz bleibt dennoch Schmutz, nunmehr schwarz-schmierig und klebrig. Bei dieser doch recht seltenen (und selten so vollständigen) Maschine war es mir den Aufwand wert, von vorne zu beginnen, obwohl alle Funktionen einwandfrei liefen. Bis zur letzten Schraube zerlegt, auch die völlig verschmierte Trommel; gereinigt und dann natürlich sparsamst geölt. Da von der Farbe (nach der Rostentfernung meines Vorgängers) nur noch wenig übrig war, habe ich auch die Lacke des Schlitten- und des Trommelblechs restauriert. Die Lacke auf den Seiten und dem Rückblech sind bestens im Original erhalten.



Anmerkungen:

Links intern: Tabelle der frühen Brunsviga-Modelle (Scan). Übrigens ist hier die Rema 1 bereits als Modell von GNC gelistet.
Links extern:
Literatur: Reese, S. 75 f.
Download:

Nach Lösung der Schlittenbodens: Das Ergebnis der Öldusche. Der Schlittenkorpus ist übrigens um einige Millimeter breiter als der der Brunsviga M, welche damit wohl den Rekord der Miniaturisierung für sich verbuchen konnte.

In der Trommel sah es nicht besser aus. Ein Bilddokument dafür, wie man es besser nicht machen sollte. Die ersten Verharzungen waren bereits daran zu spüren, dass sich die Sprossenräder nur mit großer Mühe von der Welle abziehen ließen. Übrigens, viele Sammler scheuen merkwüdigerweise davor zurück, eine Trommel zum Reinigen zu zerlegen. Es ist nicht aufwendiger als beim Schlitten, dauert allerdings mindestens einen halben Tag.
Für die Federung der Zehnerstifte ersann man eine eigens patentierte Lösung.

Einer der beiden Kämme (hier vom UZW), die außen von den Löschkurbeln gesteuert werden (siehe unten). Auf den unteren Zähnen liegen die Sperrfedern der Ziffernräder auf, durch Verdrehen der Achse werden sie entspannt. Die Funktion macht die Löschung deutlich leichtgängier und schont das Material.

Links einige Skizzen aus der Patentschrift: Eine dieser Möglichkeiten einer justierbaren Trommelwellenlagerung wollte man verwirklichen. Ein Vorteil der Lösungen 3, 5 und 6 war, die Trommel nach dem Lösen der äußeren Schrauben herausnehmen zu können. Laut Martin und Reese ist dies in der etwas späteren "Mira" verwirklicht worden. Rechts die tatsächliche Technik, zumindest in meiner Maschine. Der Zapfen der Welle ist ohne Verstellmöglichkeit in der Messingbuchse gelagert, darüber kommt die Kappe, die jetzt nur noch als Staubschutz dient.

Ein technischer und optischer Leckerbissen: Die nach außen verlegte Sicherungssperre und der gebogene Hebel, der über einen Kamm die Sperrfedern lockert (siehe oben).

Aus Platzmangel wurde die Glocke nach innen verlegt.